Münzprägeanstalt Stuttgart

F wie Stuttgart

Geprägte 100-Euro-Münzen in Gold, Motiv Lübeck. (Bilder: Staatliche Münzen BW, Nico Leithoff)
Rückseite Medaille der Serie „Erfinder & Tüftler aus Baden-Württemberg“, Motiv Karl Maybach in Bronze.
Vorderseite Medaille der Serie „Erfinder & Tüftler aus Baden-Württemberg“, Motiv Karl Maybach in Gold.

In der hell beleuchteten Halle ist es laut – das stampfende Geräusch der Prägemaschinen konkurriert mit dem erstaunlichen Krach, den die in die Kisten fallenden Geldstücke erzeugen. Die Herstellung von Cent und Euromünzen übt eine ganz eigene Anziehungskraft auf den Besucher aus.

Unbeschwerter Reichtum

Berge von gold-, silber- und kupferfarbenen Münzrohlingen, die in große Kisten strömen, lassen an unbeschwerten Reichtum denken. Auch wenn Ralph Widmann vom Vertrieb unterstreicht, dass die Staatliche Münze heute ein moderner Betrieb sei, der genauso wirtschaftlich arbeiten müsse, wie jeder andere Betrieb auch – die Faszination des „Geldmachens“ bleibt an jeder Ecke präsent.

Produktionsstätte für den Euro

Faktisch ist die Münze in Stuttgart tatsächlich nur eine einfache Produktionsstätte für den Euro, denn das Recht Münzen zu prägen und in den Umlauf zu bringen, liegt heute bei der Bundesregierung. Sie vergibt die Aufträge, die sich nach einem bestimmten Schlüssel auf die heute existierenden fünf Münzprägeanstalten in Deutschland verteilen.

Was Stuttgart prägt

Heute ist Stuttgart die größte Prägestätte Deutschlands, 24 Prozent des Umlaufgeldes – das sind die Münzen, die man im Geldbeutel hat – werden hier gefertigt. Dazu kommen noch die Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland, die ebenfalls anteilig geprägt werden, sowie eine 10-Euro-Gedenkmünze pro Jahr, die ausschließlich durch die Staatliche Münze Stuttgart ausgegeben wird.

Ein königliches Recht

Die Tradition des Münzortes Stuttgart geht bis auf das Spätmittelalter zurück. Im Mittelalter war das Münzrecht ein königliches Recht, das die Könige an einflussreiche Fürsten verliehen.

Das Recht auf Münzprägung

Als 1356 Karl IV. die Rechte für Münzprägung in einem Gesetz übergab, hielt er nur schriftlich fest, was Realität war: Die Kurfürsten hatten sich das Münzrecht längst angeeignet. Der Haller Pfennig, benannt nach der königlichen Münzstätte in Schwäbisch Hall, war seit dem 12. Jahrhundert die wichtigste Münzart im deutschen Reich.

Münzort „Stvggarten“

Die ersten Münzen, die in Stuttgart entstanden, zeigen die ausgestreckte Hand – wie sie der Haller Pfennig hat – mit einer Hirschstange aus dem württembergischen Wappen. Kurze Zeit später erscheint der Münzort „Stvggarten“ als Umschrift auf den Münzen.

Auf Heller und Pfennig

Bis nach der deutschen Reichsgründung 1873 als einheitliches Zahlungsmittel die Goldmark eingeführt wurde, waren in Deutschland eine fast unüberschaubare Vielfalt an unterschiedlichen Münzsorten die Regel: Heller, Pfennig, Kreuzer, Deut, Schilling, Groschen, Batzen, Taler, Mark, Dukaten oder Gulden.

Münzrecht sorgt für Einheitlichkeit

Immer wieder sollten Münzverträge Einheitlichkeit für die einzelnen Münzen herstellen. Auf Dauer allerdings ohne größeren Erfolg. Erst die Reichsgründung 1871 räumte hier auf. Das Münzrecht ging von den einzelnen deutschen Staaten auf das Reich über; gleichzeitig wurden die deutschen Prägeanstalten eingerichtet.

F für Stuttgart

Die Münzzeichen wurden nach der Reihenfolge vergeben, wie die Bundesstaaten in der Reichsverfassung aufgezählt waren, etwa A für Berlin (Preußen), D für München (Bayern) und F für Stuttgart (Württemberg). Wer in den Geldbeutel schaut, wird auch heute auf den Euro- und Centmünzen das kleine F für die Stuttgarter Prägestätte finden.

Wo die Münzen her sind

Geprägt wurde in Stuttgart seit dem 14. Jahrhundert zunächst in Werkstätten in der heutigen Turmstraße, nicht weit vom Alten Schloss, im 17. Jahrhundert zeitweise zusätzlich in Stuttgart-Berg, bis die Münze 1844 in einen Neubau in der Neckarstraße umzog.

Umlaufgeld und Sammlerstücke

Trotz der Schäden durch die Angriffe 1944 wurde hier die neue D-Mark geschlagen, bis die große Produktionsstätte in der Reichenhaller Straße in Bad Cannstatt 1967 fertig gestellt wurde. Hier wird heute sowohl das „normale“ Umlaufgeld in hohem Tempo geprägt als auch Spiegelglanz-Münzen für Sammler.

Breiter Kundenstamm

Auftraggeber ist nicht nur die Bundesregierung, in Stuttgart entstehen zum Beispiel auch Münzen für Costa Rica, Venezuela, Indonesien oder Syrien. Ein zweites wichtiges Standbein für die staatliche Münze in Stuttgart ist die Herstellung von Medaillen. Anders als die Münzen sind sie kein Zahlungsmittel, sondern Gedenk- und Sammlerstücke.

Darstellung der Familienereignisse

Einige der württembergischen Herzöge und Könige waren wahre Medaillenenthusiasten. Sie stellten sich selbst und wichtige Regierungs- und Familienereignisse sehr gerne in Edelmetall dar. Da Medaillen jeder herstellen lassen darf, ist der Kreis der Auftraggeber auch heute noch sehr groß.

Schutz vor Fälschern
Doch in der Reichenhaller Straße wird nicht nur die Tradition hochgehalten, sondern auch nach vorne geschaut. Zurzeit wird hier zu einem Verfahren geforscht, per Lasertechnik ein Hologramm auf die Münzen zu bringen, das sie fälschungssicher macht. Niemand soll mehr ein gefälschtes „F“ im Geldbeutel finden. (AS)

Die Tradition des Münzorts Stuttgart geht bis auf das Spätmittelalter zurück. Hier die Staatliche Münze am damaligen Standort Stuttgart-Mitte.
Diverse Medaillen der Staatliche Münze Baden-Württemberg in verschiedenen Materialien.
06.02.2010
(Ausgabe Februar 2010)