Juni-Kolumne Klaus Birk

Alles super, alles Stuttgart: Eingeledert

Klaus Birk, Kabarettist

Als sie unsere Hoffnungen beim englischen Pokalfinale mit Ballack vom Platz getragen hatten, ahnten es manche, einige vermuteten, wenige befürchteten: Das wird wieder nichts mit dem Titel. Ade WM. Ade Aufschwung durch Euphorie.

Als wenige Tage später die Nachricht eingenetzt wurde: „Kapitän von Bord getreten! Acht Wochen Pause, nur Gips und Krücken“, war es amtlich: Es wird kalt in Südafrika. Nicht genug, verliert auch noch bayrisch Bayern das Finale von Madrid, und die Teutonengemeinde erkennt: „Dieser Sturm wird ein leichter sein.“

Viel Wind und wenig Wirkung. Da fallen nicht mal die italienischen Blätter vom Baum. Von spanischen Zypressen, brasilianischen Urwaldriesen und argentinischen Pinien ganz zu schweigen. Nein, für die WM sollten wir uns andere Hobbies zulegen: Vielleicht ein paar Laubsägearbeiten für die WeihnachtsTanne: „Rehlein überm Fliegenpilz“. Inzwischen behumpelt auch noch Träsch die Krücke.

Und viele stellen schon Kerzen auf, für den Rest der teutonischen Ledertreter. Bei der WM auf Deutschland setzen, neee, das wird nichts. Manche hoffen schon, der Vulkan möge den Weltkick solang verhindern, bis Ballack gesund ist und ein paar neue Stürmer geboren sind. Wozu auch Fußball? Die haben in Stuttgart sowieso schon das publike Viewing abgesagt. Zumindest am Schlossplatz. Wegen den Kosten. Und dem Rasen. Und den Kosten für den Rasen.

Und überhaupt: Wozu denn Niederlagen noch öffentlich feiern lassen? Auch Autokorsos sollen verboten werden, wegen dem Feinstaub, musst du dann mit dem Leihrad durch die Stadt pedalen und klingeln statt hupen.

Da ist nicht mehr die frische „zu-Gast-bei-Freunden-Freude“ von Null-Null-Sechs. Selbst die Fahnen dürfen nur geschwenkt und nicht gehängt werden, sonst könnten Werbeflächen verdeckt den BigMäc preisen. Ist bis jetzt nur ein Gerücht, aber vielleicht können ja Werbeflächen auf Flaggen für neue gemeinsame Wege sorgen.

Und was passiert, wenn wir uns nicht Germanesk und oder öffentlich freuen können dürfen? Freuen wir uns eben nach innen. Das stille Glück am guten Spiel wird uns lenken und leiten durch die aufgeblasenen Tage des getretenen Balles.

Wird eben global gefant. Bessere mögen gewinnen und die Spiele mögen feine sein. Können wir die unseren nicht bewundern, bewundern wir eben die anderen. Unsere Stars kommen sowieso von anderswo. Ribery, van Basten, Robben, Demichelis, Cristiano Ronaldo, Messi und wie sie alle anders heißen.

Menschen für Menschen. Nicht Städte für Städter, nicht Länder für Länder. Nur das gute Spiel trägt uns durch die kommenden Tage. Wären wir Spanier, Engländer, Argentinier oder Brasilianer, wäre alles anders. Selbst die Italiener reden schon über die besseren anderen. Was die können, können wir auch.

Und überhaupt, neben mir wohnen doch auch Egim und Bülent, Olga, Gino, Feta, Jorgos, Chantal, John und Guillermo. Also was soll’s. Einer von denen wird schon gewinnen. Einen Sieger zu kennen ist doch auch was Feines. Andere wiederum meinen zu meinen, es handle sich bei unserem nationalen Kickerkreis um die kommende „Creme de la Kick!“ Kroos was da über den Rasen schweinsteigert. Es Gomez drauf an, dass wir eine Mannschaft werden und wer Weis schon, was dann wunderbares über den Mertesacker badstubert. Junge Begeisterung könnte auf der grünen Wiese den Cacau zum kochen bringen.

Es ist ganz einfach: Der Ball muss Marin ins Tor, also nicht zögern, nein Boateng und Müller milcht ein. Sami wer oder Sami niemand? Das ist nun dir Frage. Wichtig is mit dem Ball, das Runde muss in das Gebalkte, Marin, mal Boateng und der Ballack is gepumpt. Und vielleicht wachsen neue Götter aus dem Rasen von Durban, Port E und Jo’burg. Auf ein Neuer!

12.06.2010
(Ausgabe Juni 2010)