Theaterstück "Im Weißen Rössl"

Da steht das Glück vor der Tür

(Bilder: Jürgen Frahm)

„Herr Ober, ein Bier!“ – „Wo bleibt mein Essen?“ Die Gäste sind ungeduldig, der Piccolo (Till Nau) flitzt von Tisch zu Tisch, rattert die Sehenswürdigkeiten herunter und wird der Hektik am Ausflugslokal „Weißes Rössl“ am Wolfgangssee trotzdem nicht Herr.

Mit einem Lächeln schmelzen alle dahin

Doch dann betritt der Zahlkellner Leopold (Dieter Bach) die Szene und mit einem kleinen Kopfnicken, einem unwiderstehlichen Lächeln und seinem ganzen österreichischen Charme verwandelt er die Stimmung in eitel Sonnenschein.

Unerwiderte Liebe im Alpenidyll

Aber was bei den Gästen so mühelos klappt, lässt die Gastwirtin Josepha (Caroline Kiesewetter) kalt – dabei liebt Leopold seine Chefin sehr und lässt nichts unversucht ihre Liebe zu erlangen. Unerwiderte Liebe und Liebe auf den ersten Blick, Alpenidyll und Sommerfrische, Salzburger Schmäh und Berliner Kodderschnauze, brave Töchter und kernige Wirtsfrauen, dazu ein Streit um Hemdhosen am Stück – darum kreist die Operette „Im weißen Rössl“.

International bekannt und beliebt

Die Komödie wird zurzeit im Marquardt aufgeführt und begeistert Jung und Alt schon seit 80 Jahren. Die Operette wurde 1930 am Großen Schauspielhaus in Berlin uraufgeführt – dort fuhr ein echter Autobus über die Bühne – und war dann 400 Vorstellungen lang ausverkauft. Auch international machte sie Furore – vor allem in London und am Broadway in New York.

Einsatzfreudige Schauspieler

Doch dass die meisten Menschen im Publikum in Stuttgart die Lieder mitsummen können, liegt wohl vor allem an dem 1960 entstandenen Film mit Peter Alexander, der über Generationen hinweg das „Rössl“ populär hielt. In der Komödie im Marquardt wird die Operette mit viel Schwung, Begeisterung und Einsatzfreude gespielt: schlagende Türen, waghalsige Balkonklettereien und temperamentvolle Tanzszenen mit einigen witzigen choreographischen Einfällen von Till Nau.

Zuschau'n kann i net

An Körpereinsatz lassen es die Schauspieler nicht fehlen. Dass es trotzdem kein Slapstick wird, dafür sorgen manche leisen Augenblicke: Wenn Leopold seufzt „zuschau’n kann i net“ oder wenn Professor Hinzelmann die Wirtin Josepha darauf hinweist, dass man im Leben nicht alles haben kann.

Musikaliksch Stimmung verbreiten

Die Musik ist der Herzschlag des Stückes und dafür haben die Komponisten Ralph Benatzky und Robert Stolz ein Potpourri eingängiger Melodien geschaffen, zum Teil in volkstümlicher Manier („Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“), aber auch witzig („Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist“) und romantisch („Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“).

Die ganze Welt ist himmelblau

Auf ein großes Orchester – die Originalorchestrierung verlangte 250 Musiker – konnte man in Stuttgart nicht zurückgreifen, hat aber aus der Not eine Tugend gemacht: Die zurückhaltenden Arrangements von Hans Christian Petzold für Kontrabass, Gitarre und Akkordeon sorgen dafür, dass das Stück nicht zu süßlich wirkt und die Stimmen nicht im Geigenteppich verschwinden. Melodien und Lieder tun ihre Wirkung – und wenn man nach der Vorstellung heraus ins herbstkalte Stuttgart tritt, summt es noch „… die ganze Welt ist himmelblau“. (AS)

Ob Regen oder Sonnenschein, im Weißen Rössl ist die Welt immer himmelblau.
In der Komödie im Marquardt wird das glückliche Österreich besungen.
16.10.2010
(Ausgabe 16. Oktober 2010)