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Schwäbisch backen

Springerle und Spitzbuben

Leckere Spitzbuben (Illsutrationen: Inkje Dagny von Wurmb)

Wenn hier die Rede von Springerle ist, sprechen wir nicht von Mikro-Locken oder kleinwüchsigen, springenden Nachwuchs-Sackhüpfern. Und mit Spitzbuben meinen wir nicht dreikäsehohe, freche Lausbuben à la „Michel in der Suppenschüssel“. Springerle und Spitzbuben sind essbare Güter, die zu den vielen Gaumenfreuden in der Weihnachtszeit zählen.

Woher kommt der Name?

Warum etwas so heißt, wie es heißt, ist häufig schwer zu beantworten. Letztlich lässt sich Springerle von Springen ableiten. Das süddeutsche Diminutiv, die Verkleinerung des Normalzustandes, drückt sich in Form eines angehängten „le“ aus.

Ein eher kleiner Sprung

Somit handelt es sich wohl um einen eher kleinen Sprung. Für sehr wahrscheinlich wird erachtet, dass hierbei nicht der Sprung in der Schüssel, sondern der im Backofen gemeint ist.

Der springende Hase?

Der Wachstumssprung eines Springerles ist bei heißer Luft nämlich sehr groß: Es verdoppelt in der Regel seine Höhe, springt also auf. Eine andere Definition ist die Assoziation mit dem Motiv „Hase“. Hat ein Springerle dieses Motiv, liegt der Name nahe.

Der Ursprung ist nicht schwäbisch

Damit wäre die Wortherkunft geklärt. Zumindest, wenn man sich mit Vermutungen zufrieden gibt. Auch wenn der Name unglaublich schwäbisch erscheint, ist der Ursprung in Ägypten, Griechenland und im alten Rom zu finden. Denn da gab es Honiggebäcke, deren Teig in den ersten Model, also einer Art Backförmchen, ausgedruckt wurde.

Die Optik schmeckt mit

Bei Leckereien zählt jedoch nicht unbedingt die Herkunft oder der Name, sondern der Geschmack. Aber selbst der ist in diesem besonderen Fall nicht ausschlaggebend. Der entscheidende Faktor, ob ein Springerle gut ist oder nicht, ist seine optische Erscheinung.

Model sorgten für schöne Motive

Früher sorgten Model mit den unterschiedlichsten Motiven und Designs für das richtige Aussehen zum gegebenen Anlass. Im Herbst gab es Motive für die Winzer, für christliche Gemüter Szenen aus dem alten und neuen Testament und zur Geburt oder zur Vermählung den passenden Springerle-Glücksbringer.

Die Springerle geraten aus der Mode

Heute wird die Anisspeise nur noch zu Weihnachten oder höchstens zu Ostern angefertigt. Als Springerle aus der Mode gerieten, waren auch die Model überflüssig. Die einst aufwendig hergestellten Model wurden weggeworfen oder gar verbrannt.

Der Sammlerwert steigt

Was früher auf dem Müll landete, hat heute einen unglaublichen Sammlerwert. Die Preise für Model können in den vierstelligen Bereich gehen. Zu den absoluten Meisterwerken zählen vor allem die großen Model, die mehrere Motive auf einem großen „Blatt“ abbilden. Dabei entstehen viele Einzelstücke, die eine zusammenhängende Geschichte erzählen.

Zu schön zum Essen

Naschen, ohne Angst zu haben, dabei ein Kunstwerk zu zerstören, kann man Springerle leider nicht, aber die Spitzbuben oder auf verständlich schwäbisch „Spitzbuba“ sind dafür geradezu prädestiniert.

Achtung: Nicht verwechseln

An dieser Stelle sollte keine Verwechslung entstehen. Spitzbuba sind keine Bubaspitzla, diese gehören nämlich zur Kategorie salzig, würzig und sind besser bekannt als Schupfnudeln.

Wie heißen sie denn nun?

Genauso viele Bezeichnungen, wie es für den Oberbegriff der Weihnachtsgebäcke gibt – Gutsle, Bredle, Plätzle – gibt es Ausführungen der Spitzbuba. Mit einem Loch, mit mehreren Löchern oder gar einem Gesicht …

Ein Boden, Fruchtmus, der Deckel und das Loch

In anderen Gebieten heißen die Gaumenfreuden Linzer Auge. Egal ob Linzer Auge oder „Spitzbub“, der Aufbau ist gleich: ein Boden bildet das Fundament, daraufhin folgt ein geleeartiges Fruchtmus und noch eine weitere Schicht, die dann wiederum mindestens ein Loch enthält.

Der Spitzbub grinst hemisch

Auf diese Weise bekommt das Plätzchen sein Auge. Zum „Spitzbub“ wird das Spritzgebäck, wenn der Deckel eine schelmische Gesichtsform mit frech grinsender Mimik abbildet.

Lassen Sie es sich schmecken

Was Spitzbuba und Springerle außer dem „Sp“ am Anfang gemeinsam haben, liegt auf der Hand: beide sind Weihnachtsgutsle mit Ausdruck. Für welche Leckereien auch immer Sie sich entscheiden, lassen Sie es sich schmecken. (HH)

Spitzbuba

Springerle

Rezept
300 g Mehl
180 g Butter oder Margarine
100 g Puderzucker
1 Ei
1 Prise Salz
1 Pk. Vanillinzucker
125 g Johannisbeergelee
Mehl zum Ausrollen
Puderucker zum Bestreuen
Für den Mürbteig zuerst die weiche Butter mit dem Puderzucker vermengen. Anschließend das Ei, Salz und den Vanillinzucker hinzugegeben und mit dem Mehl zu einem geschmeidigen Teig verkneten. Den fertigen Teig 1 bis 2 Stunden im Kühlschrank ruhenlassen. Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche etwa 3 Millimeter dick ausrollen und runde Plätzchen ausstechen. Die Hälfte der Plätzchen bekommen nun ihre „Augen“. Dafür mit einem Fingerhut oder einem Apfelkern-Ausstecher in der Mitte der Kreise ein Loch ausstechen, so dass Ringe entstehen. Die Plätzchen auf einem mit Backpapier belegten Backblech bei 200 Grad etwa 10 Minuten backen. Die Plätzchen gut auskühlen lassen und die runden Plätzchen dick mit Johannisbeergelee bestreichen. Anschließend die Ringe darauf setzen und mit reichlich Puderzucker verzieren.
Rezept
500 g Mehl
500 g Puderzucker
4 Eier
1 Msp. Hirschhornsalz
Butter für das Backblech
1 EL Aniskörner
Eier und Puderzucker schaumig rühren, bis der Zucker vollständig aufgelöst ist. Hirschhornsalz und das gesiebte Mehl zugeben und gut durchkneten. Den fertigen Teig bei Zimmertemperatur 2 Stunden ruhen lassen. Den Teig erneut kneten. Sollte er zu stark kleben, muss noch etwas Mehl hinzugefügt werden. Den Teig anschließend etwa 1 Zentimeter dick ausrollen und mit einer mehlbestäubten Holzmodel das Motiv eindrücken. Dabei die Model nicht zu stark mehlen, um die Details der Motive zu erhalten. Die Springerle mit einem spitzen Messer vorsichtig auseinander schneiden. Ein Backblech dünn einfetten, mit Aniskörnern bestreuen und die ausgeschnittenen Springerle darauf setzen. Das Gebäck über Nacht bei Zimmertemperatur trocknen lassen. Am nächsten Tag auf der mittleren Schiene bei 150 Grad sehr hell backen (Backzeit 20 bis 30 Minuten). Dabei „springen“ die Springerle hoch und es entstehen die typischen „Füße“. Die „Springfreude“ der Plätzchen muss natürlich bei der Anordnung auf dem Blech beachtet werden: Durch ausreichende Abstände wird ein Zusammenbacken der kleinen Kunstwerke vermieden. Nach dem Backen sind die Springerle noch sehr weich und müssen zum Aushärten gut abkühlen, um dann nach alter Tradition im Tee oder Kaffee wieder aufgeweicht zu werden.

Springerle machen ihrem Namen alle Ehre.
Dank der Model sehen Springerle zum Anbeißen aus.
28.11.2009
(Ausgabe Dezember 2009)