Der Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e. V. rettete schon rund 60.000 kleinen Igelpatienten in Stuttgart und Umgebung das Leben. (Bilder: Verein für Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e. V.)

Igel in Stuttgart

Winterquartiere für Igel

„Wer in diesen Tagen einen Igel findet, der noch draußen herumläuft, unterernährt und krank aussieht, sollte ihm unter die Arme greifen“, sagt Kathrin Schlecht, Geschäftsstellenleiterin des Naturschutzbundes (NABU) in Stuttgart. „Wenn ein Igel jetzt noch weniger als 500 Gramm wiegt, ist er zu schwach, um alleine durch den Winter zu kommen“, warnt Kathrin Schlecht. Wird ein Igel gefunden, sollte der Finder entweder einen Tierarzt aufsuchen oder sich sachkundigen Rat bei einer Igelstation einholen, so Kathrin Schlecht weiter.

Erste Hilfe für kleine Igel

Helga und Silas hatten Glück. Die beiden Igelkinder sind vor wenigen Tagen freilaufend in der Natur gefunden und im Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e. V. in Stuttgart-Botnang abgegeben worden. Gerade mal 300 Gramm wogen sie, als sie hier ihr Quartier bezogen haben. „Sie hätten draußen jetzt keine Chance mehr zu überleben“, sagt Marion Wünn, Leiterin des Tierheims. „Sobald draußen eine Schneedecke liegt, ist es für untergewichtige Igel zu spät.“

Ein warmes zu Hause für Helga und Silas

Jetzt werden die beiden Stacheltiere im Tierheim mit viel Liebe aufgepäppelt und versorgt. Zwei- bis dreimal am Tag werden sie gefüttert. Dabei werden sie auch immer wieder auf die Waage gesetzt, um ihr Gewicht zu überprüfen. Mit Erfolg. Die kleinen neuen Tierheimbewohner haben schon rund 50 Gramm zugelegt.

Es mangelt an Platz Zeit und Wissen

Helga und Silas sind eine Ausnahme im Tierheim in Stuttgart-Botnang. Denn eigentlich versucht das Tierheim gefundene Igel an Igelstationen weiter zu vermitteln. „Auf Dauer haben wir weder den Platz, die Zeit oder das Know-how, um uns ausreichend um die kleinen Igel zu kümmern“, meint Marion Wünn, die mit ihrem Team derzeit rund 800 weitere Tiere versorgt.

Die Igelfreunde Stuttgart

In diesen Fällen springt zur Vermittlung der Verein der Igelfreunde Stuttgart und Umgebung e. V. ein. Mit großem Engagement kümmern sich erfahrene Igelpfleger und Tierärzte ehrenamtlich um das Wohl der Stacheltiere. Und das nun schon seit mehr als 20 Jahren. Der gemeinnützige Stuttgarter Verein setzt sich nicht nur bei Ämtern und Kleingartenvereinen für den Erhalt des natürlichen Lebensraums der Igel ein, sondern möchte vor allem auch seine Bürger darauf aufmerksam machen, dass der Igel zu den ältesten Säugetieren überhaupt gehört und den Schutz der Menschen braucht.

60.000 Igelpatienten

Eine der Hauptarbeiten liegt dabei in der Beratung und Hilfeleistung für Igelfinder. Mit genauen Anleitungen und Tipps wird ein Igelfinder ermutigt, sich den Stacheltieren anzunehmen und sie durch den Winter zu bringen. Rund 60.000 kleinen Igelpatienten konnte in Stuttgart und Umgebung in den 20 Jahren Vereinsgeschichte schon das Leben gerettet werden.

Die Fettreserven füllen

Rund 500 bis 600 Gramm müssen die Stacheltiere im November auf die Waage bringen, um in freier Wildbahn über den Winter zu kommen. Ihren Speckbauch fressen sie sich vor allem mit Würmern, Schnecken, Asseln, Raupen, Käfern und anderen Insekten an. Sie plündern aber auch gerne mal das Nest von Wühlmäusen, um ihre Fettreserven aufzufüllen.

Hecken, Sträucher, Laubhaufen

Ist die Speckschicht ausreichend, suchen die Igel einen Unterschlupf. Kathrin Schlecht vom NABU Stuttgart rät den Stuttgarter Bürgern: „Je naturnaher ein Garten gestaltet ist, desto besser ist es für den Igel.“ Meistens suchen sich die Stacheltiere schützende Hecken, Sträucher, Ast-, Laub-, oder Strohhaufen, Reisigstapel, Erdmulden oder auch Scheunen und Holzschuppen.

Das System fährt runter

Kaum ist das passende Schlafquartier gefunden und bezogen, senken die Igel ihre Körpertemperatur von 36° Celsius auf 5° Celsius herab. Auch ihr Herzschlag verringert sich von 180 Schlägen pro Minute auf gerade noch acht Schläge in der Minute. Damit sparen die Igel wertvolle Energie, die sie dringend benötigen, um gut durch die frostigen Monate des Jahres zu kommen.

Zähmt die Aufräumwut im Garten

Geeignete Verstecke sind für die Stacheltiere jedoch immer schwerer zu finden, denn der ein oder andere Gartenfreund möchte auch im Winter seinen Garten ordentlich und aufgeräumt wissen. Laub wird zusammengerecht, Reisighaufen verbrannt, Gartenzäune geflickt, Bäume gestutzt und die Äste entsorgt. Der Garten wird winterfest gemacht. Dabei kann die Erhaltung eines natürlichen Lebensraums für den Igel leicht in Vergessenheit geraten.

Auf keinen Fall zu schnell handeln

„Viele Leute meinen es gut und kassieren Igel zu schnell ein. Dabei braucht nicht jeder Igel Hilfe“, meint Marion Wünn vom Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e. V.. „Igel sind letztendlich Wildtiere und sollten, solange sie gesund sind, möglichst in der Natur belassen werden.“ Auch Helga und Silas freuen sich darauf, wenn sie nach dem Winter wieder in Stuttgart ausgewildert werden. Doch jetzt steht erst einmal die kalte Jahreszeit an. Und die können die beiden Igel, dank der wachsamen Augen der Finder, nun an einem warmen Plätzchen bis zum Frühling verbringen. (BD)
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11.12.2010
(Ausgabe 11. Dezember 2010)