Feldhasen im Park

Hase im Glück

Die Feldhasen sind gern gesehene Wildtiere in der Stuttgarter Innenstadt.

Als Spaziergänger bekommt man das ein oder andere Langohr in den beiden Parks schon einmal zu sehen. Und den Anwohnern rund um den Rosensteinpark und den Schlossgarten ist der Anblick der Haken schlagenden Tiere längst vertraut. Denn wie auf einer Insel leben die Stuttgarter Feldhasen mitten in der Innenstadt. Die Straßen rund um die Grünflächen sind stark befahren und zäunen ihren Lebensraum so ein.

Zweimal im Jahr wird gezählt

Im Auftrag der Wildforschungsstelle Aulendorf wird zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, eine Zählung der Hasen durchgeführt. „Das ist der so genannte Niederwildzensus, bei dem wild lebende Tiere bis etwa Schäferhund-Größe gezählt werden“, erklärt Dr. Manfred Pegel, der Leiter der Wildforschungsstelle.

Bei Dunkelheit sieht man die Feldhasen am besten
Er erklärt, wie das abläuft: „Zuerst wird das Gebiet, in dem gezählt werden soll, abgemessen und es werden geeignete Fahrstrecken ausgewählt. Wenn es dann dunkel ist, werden die Feldhasen vom Auto aus mit Scheinwerfern gesucht und gezählt.“

In der Innenstadt übernimmt die Zählung die Wilhelma
Normalerweise führen die Jagdpächter in ihren Gebieten die Zählungen durch. Da die Stuttgarter Innenstadt aber glücklicherweise kein Jagdgebiet ist, übernehmen dies Mitarbeiter der Wilhelma. Einer von ihnen ist Tierpfleger Mario Rehmann, der zufällig auch noch Jäger ist. „In der Dunkelheit ist es relativ einfach, die Hasen zu zählen, da ihre Augen das Licht unserer Scheinwerfer reflektieren“, berichtet Rehmann.

Bei der Dichte der Feldhasen auf Platz 2

Bei der letzten Zählung am 2. April dieses Jahres wurden auf einer Fläche von 87,4 Hektar ganze 118 Feldhasen gesichtet. Damit liegt Stuttgart in Baden-Württemberg auf Platz 2, was die Dichte der Population angeht. Nur in einem Gebiet in der Oberrheinebene wurde eine größere Dichte an Hasen ermittelt. „Schon seit dem Jahr 2000 führen wir den Niederwildzensus in Stuttgart durch“, so Pegel, „und seitdem sind die Zahlen etwa gleich geblieben.“

Optimale Bedingungen in den Grünanlagen
Die nachtaktiven Tiere, die den Tag in einer Mulde, der so genannten Sasse, verbringen, scheinen sich wohlzufühlen im Herzen Stuttgarts. Das könnte auch daran liegen, dass es keinen Jäger gibt, der hinter ihnen her ist. Die Stadtfüchse zählen zu ihren natürlichen Feinden. „Aber die sind eigentlich auch keine große Gefahr für den Feldhasenbestand“, weiß Michael Schmolz vom NABU Stuttgart, „denn sie schaffen es höchstens Jungtiere oder geschwächte Hasen zu fangen, die anderen sind ihnen oft zu schnell.“

Stabiler Bestand

Auch freilaufende Hunde und Krähen könnten eine Bedrohung für die Feldhasen darstellen. Doch der Bestand in Stuttgart ist dank der optimalen Bedingungen in den Grünanlagen der Stadt so stabil, dass tierische Feinde ihm nichts anhaben können.

Gefahr Straßenverkehr
Einige Tiere jedoch sterben im Straßenverkehr oder auf den Bahngleisen, über die sie ihre „Insel“ in der Innenstadt verlassen können. Aber auch daran haben sie sich nach so langer Zeit in der Großstadt angepasst, so dass auch dies ihren Bestand nicht wirklich dezimieren kann.

Landflucht auch bei Tieren
Wie sind die Hasen überhaupt in die Stadt gekommen? Das kann Michael Schmolz beantworten: „Auch bei Tieren gibt es eine Landflucht. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft gibt es kaum noch ungenutzte Flächen außerhalb der Stadt und auch die dichte Bebauung lässt den Tieren keinen Platz zum Leben. Also machen sie sich auf in die Stadt, wo es noch unberührte Grünflächen für sie gibt.“

Beliebte Vierbeiner
Die Feldhasen sind gern gesehene Wildtiere in der Stadt. Sie sind beliebter als zum Beispiel Kaninchen. Denn sie graben keine Höhlen und richten so keinen Schaden in den Parks an – abgesehen von ein paar wenigen abgefressenen Blumen.

Nachbarschaftshilfe durch die Wilhelma
Ein direkter Nachbar der Feldhasen am Rosensteinpark ist die Wilhelma. Hier hat man sich mit den Mümmlern arrangiert. Das kann die Leiterin der Pressestelle des Zoos, Isabelle Koch, bestätigen: „Die Hasen kommen problemlos durch den Zaun in den Zoo hinein und knabbern auch schon mal das ein oder andere Blümchen ab, aber das ist nicht weiter schlimm und stört unsere Gärtner nicht.“ In die Umzäunung der Wilhelma wurden sogar extra einige Löcher gemacht, damit die Tiere auch immer wieder hinausfinden und nicht im Zoo herumirren. Das ist wahre Nachbarschaftshilfe! (SOS)

30.05.2008
(Ausgabe Juni 2008)